Aqua, Terra, Pflanzidiot“ – oder: Wie ich lernte, das Aquarium zu lieben (aber nicht die Pflanzenpreise)
Ich habe ein Aquarium. Das klingt erstmal unspektakulär, ich weiß. Ein Aquarium ist ja kein Heißluftballon, bei dem man sagen könnte: „Na, das ist ja mal ’ne Sache!“ Es ist einfach ein Glaskasten mit Wasser und ein paar Fischen, die immer so gucken, als wären sie auf dem Weg zu einem Vorstellungsgespräch, aber niemand hat ihnen gesagt, dass sie eigentlich bei einer Familienfeier sind.
Das Problem mit Aquarien ist: Man fängt klein an. Man denkt, „ach komm, ein paar Guppys, bisschen Grünzeug, nix Wildes“. Aber dann wächst das Ganze. Erst sind es die Fische, die einen mit ihren kugelrunden Augen hypnotisieren: „Kauf uns noch mehr Pflanzen… wir brauchen Dschungel…“. Und so stand ich eines Tages im Zoofachhandel meines Vertrauens, was schon die erste Lüge ist, weil Vertrauen kostet 8,95 Euro pro Minute.
Und da sehe ich sie: Aquarienpflanzen, die nach nichts aussehen, aber anscheinend mit Goldwasser gegossen wurden. Javafarn, Anubias, Cryptocorynen – Worte, die klingen, als hätte jemand beim Scrabble betrogen. Die Preise dieser Pflanzen haben mich fast von den Füßen gehauen. „Sag mal“, habe ich den Verkäufer gefragt, „kommen die aus einem botanischen Walfangschutzgebiet? Warum so teuer?“ Und er, ganz gelassen: „Weil’s halt ’ne anspruchsvolle Pflanze ist. Braucht Licht, CO₂, und ne Menge Geduld.“ Ich dachte, da steht ’ne Sekte im Regal. CO₂? Ich wollte doch bloß eine Pflanze, keine Klimadiskussion!
Also, drei Pflanzen gekauft, zack, 45 Euro weg. Mit dem Gefühl, auf eine Art Öko-Drogenkartell hereingefallen zu sein, bin ich nach Hause. Die Pflanzen sahen die ersten zwei Tage super aus. Nach einer Woche sahen sie aus, als hätte man sie im Sahara-Urlaub vergessen. Nicht mal die Schnecken wollten dran. Verzweifelt schaute ich mir YouTube-Videos an, in denen Männer mit dicken Brillen und Laborkitteln erklären, wie man Aquarienpflanzen richtig pflegt – mit so viel Begeisterung, als ginge es um die Rettung der Menschheit. Aber ich? Ich habe nach zwei Minuten die Lust verloren und dachte mir: „Kann doch nicht so schwer sein.“
Tja, war’s aber.
Und dann, kurz bevor ich mein Aquarium zum Sumpfgebiet erklärt hätte, entdecke ich auf einem Forum eine bahnbrechende Idee: Pflanzen selber züchten. Ich dachte, das sei ein Scherz, so wie „Flughäfen selber bauen“. Aber es stellte sich heraus, das geht. Und es ist so billig, dass ich mich fragte, warum ich je Geld für die botanische Mafia ausgegeben habe. Man nehme eine Pflanze, zerhackt sie, steckt sie in kleine Töpfe, wirft sie zurück ins Wasser – und wie durch Magie vermehren sie sich. Also eher wie Zombies, aber auf die gute Art.
Und was soll ich sagen? Seitdem bin ich Aquarienpflanzen-Bauer. Ich fühle mich wie der Breaking Bad-Typ der Aquaristik, nur dass ich Pflanzen statt Meth koche. Das Beste daran: Man kann die überschüssigen Pflanzen online verkaufen! Das ist der ultimative Kreislauf: Erst wirst du von der Pflanzen-Industrie abgezockt, dann wirst du selbst Teil davon. Quasi Pflanzen-Mafia von unten.
Jetzt stehen in meinem Wohnzimmer acht Tupperdosen voll mit Javafarn-Ablegern, die darauf warten, in die Welt hinauszuziehen. Mein Aquarium sieht mittlerweile aus wie ein Dschungel, die Guppys machen jetzt Verstecken und ich sitze da, schlürfe meinen Kaffee und denke mir: „Wenigstens hab ich jetzt keine 50 Euro mehr für ’ne Aquarienpflanze ausgegeben.“ Nur noch für neue Tupperdosen.
Ach ja, und für Futter. Die Pflanzen haben das ja auch irgendwie mitbekommen.