Von Glühbirnen und Goldfischen – Eine Zeitreise durch die Aquaristik

Es begann alles ganz einfach. Mit einem Glas, Wasser und einem Fisch. Fertig war das Aquarium. Kein Filter, keine Heizung, keine LED-Beleuchtung mit achtundzwanzig Lichtmodi. Nein, man stellte das Ding einfach auf die Fensterbank. Tageslicht reicht. Hat ja früher auch funktioniert.

Gut, die Fische haben’s nicht immer überlebt. Aber das war dann halt „natürliche Selektion“ oder wie Opa sagte: „Der war halt nicht robust genug.“

Dann kamen die ersten Verbesserungen. Irgendwann sagte einer: „Vielleicht brauchen die Fische Luft?“ Und so erfand man den Sprudelstein, der mit einer Luftpumpe aus dem Baumarkt betrieben wurde – Geräuschkulisse vergleichbar mit einem startenden Düsenjet.

Aber das hielt niemanden auf. Genauso wenig wie die ersten selbstgebauten Aquarienabdeckungen. Ein Holzrahmen mit einer 100-Watt-Glühbirne drin – das war dann die Beleuchtung UND die Heizung in einem. Die Temperaturregelung lief nach dem Prinzip „Hand auf die Scheibe legen und gucken, ob’s warm ist“. Und wenn der Fisch von unten gegen die Wasseroberfläche gepresst wurde, war’s vielleicht doch ein bisschen zu warm.

Irgendwann kam dann der große Sprung: Die Beleuchtung! Erst Glühbirnen. Dann Neonröhren. Und dann, meine Damen und Herren, die LED-Technologie. Heute kann man sein Aquarium mit einer App steuern, Tageslicht simulieren, Mondphasen einstellen und mit der richtigen Einstellung sogar den Fischen romantische Stimmung für Paarungszeit machen. Das heißt, wenn du morgens ins Wohnzimmer kommst, läuft da erstmal ein Sonnenaufgang in Ultra-HD. Für Fische. Ich muss meinen Kaffee noch per Hand machen, aber meine Fische haben ’nen Sonnenaufgang mit Dämmerungseffekt.

Aber es ging nicht nur um Technik. Nein, auch die Besatzplanung wurde irgendwann zum Hochleistungssport. Früher? „Ich hätt’ gern ’nen Goldfisch.“ Zack, Goldfisch gekauft, fertig. Heute? „Die Blaue Sumatrabarbe passt von den Wasserwerten nicht zu den Neons, weil die Sumatrabarbe eher mittelhartes Wasser bevorzugt und die Neons aus Weichwasserbiotopen stammen.“ Und du stehst da, guckst den Verkäufer an und sagst: „Ja gut, dann nehm’ ich ’nen Wels.“

Und dann der Bodengrund. Früher? Kies aus’m Garten. Heute? Spezialsand aus dem Regenwald, der den PH-Wert stabil hält und mit Spurenelementen versetzt ist, die deine Fische mit sanfter Stimme in den Schlaf wiegen.

Natürlich gehören zum Aquarianerleben auch die legendären „Unfälle“. Einmal habe ich einen neuen Filter angeschlossen. Top-Gerät, Hightech, flüsterleise. Zwei Stunden später war das Wohnzimmer ein Indoor-Schwimmbad. Die Katze schwamm am Schrank vorbei und guckte mich an, als wollte sie sagen: „Ernsthaft?“ Und die Fische? Die waren plötzlich irgendwo auf dem Boden verteilt.

Oder der Klassiker: Algenbekämpfung. Es gibt ja so eine Phase in jeder Aquarianerkarriere, wo man denkt: „Ich kriege das ohne Chemie hin.“ Dann kauft man Algenfressende Fische, Schnecken, Garnelen – ein ganzes Putzkommando. Und nach zwei Wochen hat man zwar immer noch Algen, aber dafür ein separates 100-Liter-Becken, weil man „den neuen Tieren ja gerecht werden muss“.

Aber das ist die Aquaristik. Ein ständiges Auf und Ab. Du fängst an mit einem 60-Liter-Becken und sagst: „Das reicht mir.“ Zwei Monate später hast du ein 200-Liter-Aquarium und fährst nachts zu dubiosen Typen auf eBay-Kleinanzeigen, um „seltene Garnelen“ abzuholen.

Ich selbst stand mal um Mitternacht in einem Waldstück und habe eine Tüte mit Fischen entgegengenommen. Wirkte für Außenstehende bestimmt wie ein Drogendeal. „Sind die gesund?“ „Ja, topfit.“ „Sind’s wirklich zehn Stück?“ „Natürlich. Viel Spaß mit den Antennenwelsen.“ Danach sind wir beide wortlos verschwunden.

Das ist es, was Aquarianer ausmacht: Herzblut. Ein Hobby, das dich fesselt. Und ruiniert. Aber wenn du am Abend vor deinem perfekt ausgeleuchteten Aquarium sitzt und die Fische ihre Bahnen ziehen, weißt du: Es hat sich gelohnt.

Bis du am nächsten Morgen ins Becken schaust – und alle Fische plötzlich weiße Pünktchen haben.

Viel Spaß beim Wasserwechsel!

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